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ALDI, TOILETTE, ZIGARETTE, SERVICE


ALDI

Zeit: Die End-80ziger Jahre Ort: „Zehlendorf-Mitte“ oder postalisch „1000 Berlin 37“

Die Postleitzahlen folgten damals irgendeinem, mir nicht mehr geläufigen Ordnungssystem. Immerhin war „1000 Berlin 36“ nicht etwa der nette Nachbarbezirk von Zehlendorf, sondern das kulturell-politisch-und-überhaupt-alles weit entfernte Kreuzberg. Nicht das freundliche „61“ mit dem Bergmannkiez, sondern die 1. Mai-Steineschmeißen, Punks und lange Nächte-Nummer. Die Heimat der „36-Boys“ (gesprochen Sörtisiksser), einer Arabisch-Türkischen-Gang, vor der man sich auf nächtlichen Touren durch die Stadt besser in Acht nahm. Jeder 36er hatte mindestens ein „Butterfly“ als Spiel- und Drohwerkzeug am Start. Und eh man sich´s versah, fuchtelten Murat und/oder seine kleinen und/oder großen Brüder einem damit vor der Kandare rum: „Alter, Walkman her!“.

Gangs waren damals (wahrscheinlich US-Vorbild-bedingt) eh en vogue in West-Berlin. Eine weitere Gang mit Migrationshintergrund gab´s im Wedding. Dann noch eine (optisch sehr imposanten) Gruppierung deutsch-bulliger Mannen aus der Gropiusstadt, Marke Türsteher. Und natürlich die Skins. ABER: Berlin war und ist schon immer (außer mal im Krieg, und jetzt, wenn man U8 fährt oder man mal eine Treppe zur U-Bahn runterläuft) zwar eine äußerst raue, aber dennoch sichere (neudeutsch „safe“) Stadt.

Naja, eeeegal, hier soll´s ja um Australien gehen, also zurück nach Zehlendorf-Mitte, zurück zu ALDI.

Q: Hä? A: Abwarten.

Zehlendorf war gutgesittet. Viele Jugendliche waren links. Kinder der 68er-Generation. Man lungerte rum, rauchte irgendwie alles (außer normalen Zigaretten), hing am Wochenende auf „Sessions“ rum, spielte in Bands, ging Skaten, organisierte irgendwas. Es gab auch einige „Zehlendorf-Punks“, also keine richtigen Hausbesetzer-„No-future“-Anarchos, sondern schon äußerlich ziemlich punkig, aber innerlich nur so mit Handbremse, aufm Gymmi gehen, ja, später auch Uni und so. Der Bond, einer davon.

Und dann war da dieser neue Supermarkt: A L D I.

Äußerlich unscheinbar, aber innen mit DEM wesentlichen USP: „ALLES BILLIG“.

Mich Jugendlichen interessierten insbesondere die Bierdosen der Marke Karlsquell. Das Stück 9 Pfennig (oder so).

ALDI war preislich PUNK. Und als PUNK ging man zu ALDI.

„Palettensaufen“ – damals neben „Kastenrennen am Schlachtensee“ ein beliebter 80iger-Zeitvertreib.

Und ALDI machte weiter. Billigheimer wie der MEDION POWER PC, mit soundunsoviel RAM, ROM, 4-fach CD und blablabla wurden zu spektakulären „Kampfpreisen“ offeriert. Ein Riesenkplopper von Rechner für nur Vierneunundneunzig! Die Gazetten berichteten. Erstmals gab es morgens lange Schlangen.Vor einem WESTgeschäft. Gerangel um einen der Schnäppchen-MEDIONS. Unglaublich!

Bei unseren „Brüdern und Schwestern“ in Kleinmachnow & Co war man ja gewohnt, dass alles knapp war und man überall anstehen musste. Und das, obwohl die Planzahlen immer wieder getoppt wurden. Aber bei „uns“ war morgendliches Schlangestehen schon eine kleine Sensation.

Aber immerhin: Der POWER TOWER hielt, was er versprach. Die CDs brannten schnell. Corel Draw lieferte coole 3D Bildchen. Und die Games liefen fluffig (WOW, soviel schneller als auf dem Amiga). ALDI, yeah!

Ein bisschen später hatte ich meine erste eigene Wohnung und ein minifutzikleines Monatsbudget. Die Beziehung zu ALDI festigte sich. Aus dem flüchtig-jugendlichen „schnell rein und raus“ erwuchsen richtige Einkäufe mit Texaseintopf, 3er Packung Pizza Salami, Tamara Marmelade, MARKUS silber (Kaffee) und dergleichen ALDI Produkte.

Dann (doppelyeah!) erster fetter Job, richtig Geld, tschüss ALDI!

Der Discounter verschwand von meiner Bildfläche für SEEEEHHHHRRR LAAAANNNGEEEEE ZEIT. Andere hatten auch günstige Angebote und bei Kaisers, LIDL und so stimmte eben auch das „Kaufambiente“. Das haben die grauen Herren von ALDI irgendwie lange nicht gecheckt.

Erst jetzte, hier, im weitentfernten Australien, führen unsere Linien wieder richtig krachig zusammen. Wir kaufen hier quasi nur bei ALDI. Nahezu jedes kleinere Städtchen hat eins. Nahezu jedes kleinere Städtchen hat auch ein COLES oder ein Woolworth oder ein Superfood (oder so) ABER die sind halt nicht so gut und meist teurer. Die Albrechtbrüder rocken hier den Markt. Und nach dem Einkauf gibt´s eine nett-persönliche Begrüßung der Kassiererin oder eines gut-gelaunt und –aussehenden Surfertypen (die häufig nebenjobbig an der Kasse arbeiten). Australien eben.

Richtig schlecht ist hier aber das Wurstangebot – selbst beim ALDI. Schräg: Die Australier sind Weltmeister im Grillen und scheinen quasi nur mit dem Grill kochen zu können. Aber Wurst / Aufschnitt / DÜNNE Scheiben von totem Tier können sie nicht. Die DICKEN Scheiben (Steaks & Co) gehen super. Salami, Schinken etc. sind hier nicht nur teuer, sondern auch übel. JA, selbst beim ALDI. Vielleicht liegt das an der Historie: Knastis (Australien war ja mal eine Strafkolonie gegründet) wollen was? Genau FETTE Steaks. Dünne Scheiben interessieren nicht.

Q: „What would you like? Salami?” A: „No mate, too thin. Let´s do a decent Barbi!”

Fazit:

  • Wir haben in Deutschland nicht nur die tollsten Ingenieure, die die geilsten Maschinen und Autos bauen (wobei hier auch echt imposanten Karren Made in Asien rumfahren).

  • Wir haben nicht in Deutschland nicht nur die besten Bäcker (außer die türkischen Möchtegernbäcker) weltweit (na gut, der Franzose bekommt auch ordentliches aus dem Backofen).

  • Wir haben auch die besten Metzger.

  • Und die coolsten Autobahnen (in Australien tuckelt-ruckelt man mit Maximalgeschwindigkeit 100 km/h rum).

  • Und (insbesondere in Berlin) die lässig-niedrigsten Strafen für Vergehen (hier in Australien kostet Falschparken gleich mal 200,-, ein bisserl zu schnell fahren 500,- Falschcampen 1.000,- und mit dem Hund im Naturschutzgebiet rumlaufen 10.000,- Dollar).

  • … und last but not least: Die besten Supermärkte. ALDI, hurra!

 

Nächstes, und für uns Reisende nicht ganz unwichtiges Thema, ist: TOILETTEN

Kürzlich hat irgendein Promi darauf geklagt, Toilettenbesuche auf Raststätten kostenlos zu machen. Genau hab ich das nicht verfolgt, ABER: Eine tolle Idee. Insbesondere in Berlin, aber auch deutschlandweit, ist es immer etwas schwierig, wenn man mal muss. Kostenlose öffentliche Toiletten, gibt es im öffentlichen Raum quasi nicht. Und die, die es gibt (Tanken, Parks …) sind meist „Pfui Spinne“. Selbst Klos in Warenhäusern verlangen von ihren KUNDEN ein Abortgeld (und sind dann auch eher nicht so toll). Und den Vogel schießen die Toiletten in den angesagten Berliner Clubs ab, die so auf dem Niveau von denen in den Slums von Indien sind.

Hier in Australien ist das anders. Es gibt ÜBERALL Toiletten. Und zwar 1. KOSTENLOS! 2. SAUBER! 3. IMMER MIT KLOPAPIER! 4. FREI ZUGÄNGLICH! Es gibt sie in Parks, am Strand, in Einkaufszentren, an Tankstellen, auf abgelegenen Wanderwegen, in der City, auf dem Land, eben überall da, wo man mal muss. SUPER! Vielleicht sollte das bei uns mal jemand ernsthaft in ein Wahlprogramm aufnehmen!? Lindner ist doch gut für freche, neue Ideen. Freier Kack für alle! (oder so) Ein Blick nach Australien oder noch besser Japan zeigt, wie das geht.

Aber mal ernsthaft: Man hat das Gefühl, als ob die Städte und Kommunen sich hier ernsthaft um ihren öffentlichen Raum kümmern. Es gibt nicht nur tolle Toiletten, sondern auch ÜBERALL kostenlose Barbequegrills (gasbetriebene Grillplatten), die regelmäßig von Stadtbediensteten gereinigt werden und tolle Spielplätze. Häufig in 3er-Kombination: Spielplatz, Grill, Klo – cool!

 

Was läuft hier in Australien noch besser? Die Sache mit den ZIGARETTEN.

Es gibt ein Wort dafür, wenn eine Entwicklung in eine falsche Richtung geht. In einer Sackgasse endet. Fällt mir gerade nicht ein. Ich finde, das ist aktuell in Deutschland so mit Zigaretten. Also dass man an der Supermarktkasse immer mit diesen Schauerbildern von kaputten Lungen, Mündern und sonstewas auf Zigarettenpackungen belästigt wird. Zombiefilme sind für Kinder unter 18 tabu, aber diesen Gruselbildern sind sie täglich ausgesetzt. Und zwar da, wo man LEBENSmittel einkauft. Sag mal geht´s noch???

Tja, und was denkt klein Egon wohl von seinen rauchenden Eltern, wenn die sich täglich Grunselzeugs reinziehen? "Na wenn das meine Eltern machen, kann´s ja nicht schlimm sein. Sieht zwar komisch aus, aber Ravioli sehen auch komisch aus und schmecken."

Dass der Staat uns Bürger vor dem einen oder anderen schützen möchte, ist gesamtgesellschaftlich gesehen ja sicher ganz sinnvoll. Insbesondere bei Zigaretten! Aber doch nicht so doof-plump! Kein ernsthafter Raucher lässt sich von diesen Graulbildern abschrecken. Und alle anderen werden damit belästigt. Ziel verfehlt, setzen, sechs!

In Australien kostet eine Packung Zigaretten so um die 20 Euro. BAMM! Und es gibt sie quasi nicht sichtbar in solchen schwarzen Schränkchen in einigen Läden. Problem gelöst. Hier wird kaum geraucht. Wirken die Menschen unglücklicher? Hahaha ...

Auch psychologisch ist das wohl der bessere Ansatz, denn die Wissenschaft munkelt, dass der Bezahlvorgang im Gehirn in derselben Region verankert, ist wie Schmerz. Bezahlen tut uns quasi weh. Wer also schädliche Zigaretten haben will, muss sich diesen buchstäblich mit eigenem Schmerz erkaufen. An die hässlichen Bildchen gewöhnt man sich einfach nur und sieht sie dann irgendwann nicht mehr.

Hier müsste man nochmal genauer recherchieren, was das unterm Strich bringt, aber den Ansatz find ich (als Ex-Vielraucher und jetzte glücklicher Nichtraucher) ja goldrichtig.

 

Was läuft noch anders und gefühlt besser? Der SERVICE!

Beispiel 1: Der Australier steigt aus dem Bus aus und ruft ein „Thank you!“ in Richtung Busfahrer. Man bedankt sich für die Fahrt und seine Leistung. Voll nett!

Beispiel 2: Wir hatten neulich eine Pizza zum Campingplatz bestellt. Ich hatte allerdings den falschen Campingplatz als Lieferadresse abgegeben (es gab in dem Ort zwei der gleichen Kette). Nach ner Stunde hab ich angerufen und den Fehler geklärt. Sie haben also noch eine Pizza gemacht und sie nochmal an die richtige Adresse geliefert. Ein total netter Typ gab sie mir und noch eine Flasche Cola obendrauf:

Typ: „Es tut mir leid, dass du so lange auf deine Pizza warten musstest. Deshalb die Cola.“ Der Typ verabschiedete sich. Ich: „Warte mal. Ich muss die Pizza doch noch bezahlen.“ Typ: „Nee, die geht auf´s Haus. Wir haben das schließlich verbockt. Wir hätten genauer nach der Adresse fragen müssen. Have a great day and enjoy your Pizza.“

Beispiel 3: Wir brauchten Duschgel, kleine Tube für wenig Geld. In dem „DM“ gab´s aber nur große, teure Packungen. Bis auf eine, die war ein Drittel günstiger, aber auch super. Ich damit zur Kasse.

Kassiererin: „7,80 Dollar, please.“ Ich: „Die sollte doch nur 2,40 kosten.“ Ich mit der Kassiererin zu dem Regel. Das Duschgel war einfach falsch einsortiert. Es kostetet wirklich 7,80. Sie hat mir das dann TROTZDEM und ohne zu Zucken für 2,40 gegeben.

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